ThesisKollaborativeBeschreibungNutzungskontexte

Konzept Masterarbeit Thomas Weißgerber (FU Berlin) bei Apliki Psychologische IT-Beratung GmbH, SoSe2014. Thomas Weißgerber ist während der Bearbeitung unerwartet verstorben; die Arbeit liegt also nicht vor.

Entwicklung einer Mehrbenutzerplattform zur kollaborativen, verteilten Beschreibung von Nutzungskontexten zur Ableitung präziser Nutzeranforderungen

Exposé

Problemstellung

Das User Centered Design ist ein Ansatz der Softwareentwicklung, der den Fokus auf die Bedürfnisse und Eigenschaften des Nutzers legt, um eine bessere Usability der Software und damit eine höhere Zufriedenheit zu erreichen.

Nutzer wissen, was sie mit ihrer gewünschten Software erreichen wollen, haben aber kein technisches Know-How. Sie sind nicht in der Lage, technische Anforderungen zu erstellen (technische Anforderung = Nutzeranforderung + technisches Wissen). Die Entwicklung der richtigen Anforderungen unter Einbeziehung der Nutzer auf der einen und der Entwickler auf der anderen Seite, mit Respekt der verschiedenen Kontexte ist eine der Herausforderungen, für welche das User Centered Design Lösungsvorschläge macht.

Die bisherige Kommunikation zwischen Nutzern und Entwicklern läuft über Requirements Engineers, was einen Informationsverlust vom Nutzer- zum technischen Kontext bedeutet, oder direkt im Entwicklungsprozess, wodurch Nutzer häufig in der Domäne der Entwickler denken müssen.

Verschiedene Nutzer haben verschiedene Prioritäten; so decken verschiedene zur gewünschten Software interviewte Nutzer ggf. jeweils nur einen Teil der tatsächlich (von allen späteren Nutzern) geforderten Funktionalität ab. Die Einbeziehung vieler, im Idealfall aller Nutzer mit bisherigen Mitteln ist sehr zeitaufwändig.

Ziele der Arbeit

Es wird ein Werkzeug konzipiert, das der Minimierung des Einflusses von Auftragnehmern auf die Entwicklung der Problembeschreibung unter Übertragung möglichst großer Verantwortung auf möglichst viele User dient. Das ingenieurstechnische Ziel ist die Erfassung zutreffender technischer Anforderungen sowie die Vermeidung der Implementierung nicht gebrauchter Funktionen.

Es soll den Nutzern die Möglichkeit gegeben werden, den Raum ihrer Probleme und Ziele bestmöglich zu beschreiben, sodass daraus die richtigen Anforderungen entwickelt werden können. Schwerpunkte sind einfache Workflows und Werkzeuge sowie die Motivation der Nutzer zur Mitarbeit.

Das Ergebnis der Arbeit soll ein Interaktionskonzept in Form eines nichtfunktionalen, erlebbaren Prototypen sein, dessen Zweckerfüllung mit Nutzertests überprüft wird. Die technische Umsetzung soll unter Verweis auf bestehende Mehrbenutzerplattformen und -technologien skizziert werden.

Das Vorgehen ist ein iterativer Prozess aus Workflow- und Prototypenentwicklung und Usability-/Nutzertests.

Lässt sich ein solches Tool entwickeln und lassen sich die User Experience und Usability einer Software unter Nutzung dieses Tools im Entwicklungsprozess im Vergleich zu herkömmlichen Methoden verbessern: sind Anwender in der Lage und willens, mithilfe dieses Tools in relativer Autonomie ihre Probleme und Ziele derart zu beschreiben, dass Produktmanager/Entwickler daraus optimale Anforderungen entwickeln können?

Vermutete Probleme

Wie wird die iterative, gemeinschaftliche Problementwicklung methodisch gelöst; mit Blick auf die potentiell große Nutzeranzahl und den daraus resultierenden Interessenskonflikten?

Wie werden eine hohe Intuitivität der Modellmethodik, der GUI, des Systems, der Sprache erreicht und belegt?

Wie wird eine hohe Nutzermotivation erreicht und deren Erreichen belegt?

Wie werden die Ergebnisse der Arbeit validiert und verifiziert? Wie kann belegt werden, dass normale Anwender (also nicht die für Nutzertests gewonnenen Apliki-Kunden mit speziellem Interesse am Produkt) dieses Tool in realer Umgebung auch nutzen und damit ein Mehrwert gegenüber herkömmlichen Methoden des User Centered Designs geschaffen werden kann?

Die Konzipierung der Arbeit als Entwicklung eines Nutzungskonzepts stellt den technischen Aspekt, sowohl Entwurf als auch Implementierung, in den Hintergrund. Wie kann die technische Umsetzbarkeit des Nutzungskonzepts dennoch hinreichend belegt werden?

Grundsätzlich muss der Spagat zwischen einer Idee auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau und eines zu erbringenden Nutzennachweises gemeistert werden.

Der angestrebte Entwicklungsprozess ist iterativ und insbesondere explorativ. Es werden Konzepte entwickelt, getestet und behalten oder verworfen. Entscheidend für die akademische Relevanz ist, sämtliche Schritte plausibel zu erklären, ergo einen hohen Reflexionsgrad über die gesamte Arbeit hinweg zu erhalten.

Struktur der Arbeit

Im Einführungsteil sollen der State-of-the-Art der Methodik zum User Centered Design erörtert werden. Es wird anhand von Forschungsergebnissen die Qualitätssteigerung durch Nutzung von User Centered gegenüber herkömmlichen Methoden belegt. Die Innovativität und Zukunftsfähigkeit der hier vorgestellten Idee soll verdeutlicht werden. Außerdem natürlich werden verwandte Arbeiten untersucht.

Es werden die Grundannahmen zum noch nicht existierenden Prototypen in ihrem Kontext detailliert beschrieben, die vor dem Start des Entwicklungsprozesses vorlagen. Dasselbe gilt für daraus abgeleitete Konsequenzen.

Ablauf

Der Ablauf umfasst die Schritte 3-5 der 5 großen Etappen der von Apliki intiierten Produktspezifikation: 1 - Diskussion der Vision mit interessierten Kunden 2 - Entwicklung der Nutzergruppe 3 - Entwicklung der Szenarien 4 - Entwicklung von Prototypen 5 - Nutzertests

Die Punkte 1 und 2 sollen in der Arbeit hinreichend beschrieben, 3-5 hingegen detailliert erarbeitet werden.

1 – Diskussion der Vision mit interessierten Kunden

Es steht eine Reihe von interessierten, zahlungswilligen Apliki-Kunden als Garant für die wirtschaftliche Relevanz der Idee, als Gruppe für die Nutzertests sowie letztendlich auch durch ihre Bewertung des fertigen Konzepts aus ökonomischen Gesichtspunkten als Evaluierungsmittel parat.

2 – Entwicklung der Nutzergruppe

Das Zielsystem soll es Produktmanagern ermöglichen, Zugriff auf große Datenmengen mit anwendergenerierten Informationen zu speziellen Nutzungskontexten zu erhalten. Auf der anderen Seite stehen die Anwender – Softwarenutzer aus unterschiedlichsten Berufskontexten. Aus diesen beiden Nutzergruppen ergeben sich anhand ihrer spezifischen Erfahrungs-, Nutzungs- und Motivationskontexte konkrete Anforderungen an Funktionalität, Usability etc.

3 – Entwicklung der Szenarien

Es werden die Nutzungskontexte des Zielsystems und daraus Workflows und Eingabeszenarien entwickelt, aus denen sich die Anforderungen an die GUI ableiten und damit die technischen Spezifikationen implizieren.

4 – Entwicklung von Prototypen

Das Ziel des Prototypen ist es, Nutzer zu animieren, aus freien Stücken Wissen über ihre konkreten Nutzungskontexte preiszugeben. Daraus leiten sich Anforderungen an die Einfachheit des Systems und eine hohe Motivation der Nutzung ab. Der konzeptionelle Startzustand basiert auf einer einfachen GUI aus Formularen mit Textfeldern, mit denen sich Workflows erzeugen und durch die Beantwortung von W-Fragen beschreiben lassen. Die kollaborative Komponente soll durch die Nutzer selbstbestimmt im Stil eines Wikis verwaltet werden. Von diesem Zustand ausgehend werden Lösungen für die zuvor formulierten Problemstellungen der Arbeit entwickelt. Dabei wird jede Iteration der Konzeptentwicklung klar in die Problemdimensionen eingeordnet, werden Entscheidungen begründet und Konsequenzen diskutiert. Absehbar sind bereits eine starke (ggf. tragende) Rolle von Gamification-Elementen, um dem Problem der Nutzermotivation zu entgegnen, sowie die Nutzung einer GUI zur Workflow-Beschreibung mit wenigen Kernelementen. Die Auswertung und Präsentation des Nutzercontents soll unter Zuhilfenahme statistischer Methoden und einfacher graphischer Tools erfolgen. Nach einer explorativen ersten Phase der Ideen- und Konzeptfindung soll in einer zweiten Phase eine konkrete Idee konzeptionell durchspezifiziert werden.

5 – Nutzertests

Mit den Nutzertests soll der Proof-of-Concept, auf den diese Arbeit abzielt, vervollständigt werden. Sie werden in mehreren Iterationen über Prototypen durchgeführt und mit Blick auf die eingangs erwähnten kritischen Punkte (Bedienbarkeit, Motivation etc.) ausgewertet. Sie sollen so ganzheitlich wie möglich angelegt werden, um die Aussagekraft der Ergebnisse geringstmöglich durch Side Effects zu beeinträchtigen.

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