MEIN WUNSCH SEIT JAHREN

Sie werden lachen, wenn Sie hören, was ich mir viele Jahre wünsche, vielleicht seit meinen Knabenzeiten schon — und Sie fragen verwundert: warum ich mir den lächerlich geringen Wunsch nicht eh und je erfüllt habe?

Hat aber seine guten Gründe: das Ding nämlich, das ich mir so sehr wünsche, ist ganz und gar unnütz.

Ich wünsche mir — schütteln Sie nicht den Kopf, bitte! — ein kleines Linealchen, spannlang, von Metall, mit Millimetereinteilung.

Das Linealchen muß ganz gerade sein. Denn was soll mir ein ungerades? Krumme Striche kann ich aus freier Hand ziehen, ohne Lineal.

Und an einem Ende soll das Lineal ein Löchelchen haben, damit man es an die Wand hängen kann oder sonstwohin an einen Nagel, wenn man es nicht braucht. Ich werde es ja doch nie brauchen; dann soll es nicht müßig herumliegen.

Und die Millimeter der Skala sollen alle ganz gleich sein — nicht einer länger, der andre wieder kürzer — das wär kein richtiger Maßstab, den man brauchen kann, der Dümmste sieht es ein. — Und nebeneinander sollen die Millimeter liegen, alle zweihundert — nicht einer dort, der andre hier — damit wäre mir nicht gedient.

Und von Metall muß das Linealchen sein — denn Holz wird mit der Zeit morsch —, und ich möchte nicht am Ende im Alter ohne bleiben, wenn ich mir schon seit Kinderzeiten ein Linealchen so mühsam gewünscht habe.

Was ich mit dem Linealchen beginnen werde, weiß ich kreuz und quer nicht. Wozu, frag ich mich, braucht unsereins jemals dergleichen?

Darum wünsch ich mir das Linealchen auch nur so — für alle Fälle.

Ganz anders, wären die Millimeter ausgefranst: dann würde ich mich mit dem Linealchen kämmen.

Roda Roda